Was eigentlich ist Klezmer?

Der Begriff Klezmer tauchte erstmals in Osteuropa auf und bezeichnete den jüdischen Wandermusiker, der z. B. zu Hochzeiten spielte. Diese Musiktradition ist geprägt von vielfältigen kulturellen Einflüssen, da die Musiker auch bei Festivitäten außerhalb der jüdischen Gemeinden aufspielten und später zu Orchestern Zutritt bekamen. Spätestens mit der Schoa wurden die Überreste dieser Tradition aus Europa vertrieben. 

Von Anfang an wurde Klezmermusik in Abgrenzung zu anderer Musik definiert.  Alles, was irgendwie jüdisch (d. h. für das europäische Ohr östlich-orientalisch) klingt, gilt als Klezmer – inklusive jiddischer Vokalmusik und sogar Balkanmusik und Musik der Roma. Der Sammelbegriff Klezmermusik hat sich bis heute sehr geweitet. Gelegentlich fallen auch jüdische Shabbatsongs und Anlehnungen an den Jazz darunter. Wirkliche Merkmale und Abgrenzungen gibt es nur wenige.

 

Es gibt unterschiedliche Traditionen der Klezmermusik. Ich habe mich mit der Geschichte der Klezmermusik – auch im Studium – auseinandergesetzt und stehe selbst in der Tradition Giora Feidmans, der mein Idol ist. 

 

"jiddische Klezmermusik" 

Im Zuge des Klezmerrevivals in Amerika haben sich zwei Arten Klezmermusik etabliert. Eine Bewegung stellt sich in die historische Tradition europäischer Klezmermusik. Sie prägte in Deutschland die Klezmerfestivals in Weimar und Nürnberg. Diese "jiddische Klezmermusik" ist auch bei Musikgruppen in Deutschland und Europa verstärkt zu hören. 

 

"spirituelle Klezmermusik"

Einen anderen, spirituellen und interpretatorischen Ansatz verfolgte v.a. Giora Feidman. Diese Tradition ist besonders anknüpfungsfähig an angrenzende Stilrichtungen, wie u.a. Jazz. 

„[Wir] können […] Klezmer als eine Geisteshaltung bezeichnen: Wer aus einer inneren Haltung Musik weitergibt, statt sie zu reproduzieren, wer sich also als ein ‚Gefäß des Liedes‘ begreift (denn nichts anderes heißt Kli Zemer), der ist ein Klezmer. […] Deshalb muss man auch nicht notwendig Jude sein, um Klezmer zu spielen. Ich bin fest davon überzeugt, dass jeder Mensch ein Klezmer sein kann, unabhängig davon, woher er kommt und an welchen Gott er glaubt.“ (Giora Feidman in seiner Biographie „Du gehst, du sprichst, du singst, du tanzt. Erinnerungen“, Pattloch-Verlag 2011)

Die mystische Haltung des Musizierens geht bei Feidman einher mit Botschaften für Frieden, Gemeinschaft und Liebe.  

 

"religiöse Klezmermusik"

In Israel werden heute bei religiösen Festivitäten spielende Musiker als Klezmer bezeichnet, insb. im chassidischen Kontext. Musik ist hier nicht in erster Linie Bühnenmusik, sondern Musik des religiösen Alltagslebens. Da Klezmermusik generell aus dem jüdischen religiösen Alltag kommt und zu religiösen Festen erklang, wird diese Tradition hin und wieder als ursprüngliche Tradition bezeichnet.